HANS DE ROOS - Ausgewählte Projekte

Seit ich mit 10 von meinem Großvater seinen Kodax "Box II" Kamera geschenkt bekam, war ich vom Fotografieren fasziniert. Nach einem Zwischenspiel mit einem Voigtländer konnte ich mir mit 17 einen gebrauchten "Praktica" SLR leisten and machte meine erste konsistente Porträtserie während der Proben der Theatergruppe, der ich damals angehörte. Die Dunkelkammerarbeit lernte ich als Volontär bei einem politischen Filmverleih, beim Abziehen von Pressefotos. Später, als Student der Sozialwissenschaften in Berlin lichtete ich die Teilnehmer unserer Wilhelm-Reich-Arbeitsgruppe sowie weitere Freunde in meinem Kreuzberger Viertel ab.

In der Künstlerkommune wo ich 1982 einzog, gab es bereits professionelle Fotografen die sich um die Dokumentation unserer Projekte kümmerten, so dass ich mich eher auf Theater, Aktzeichnen, Malerei und Skulptur konzentrierte. Erst Anfang der 90-er Jahren fand ich zu meiner alten Leidenschaft zurück durch die Zusammenarbeit mit einem jungen, talentierten US Fotografen, Scott Kuckler, der seine Polaroid Aktaufnahmen experimentell bearbeitete. Mit Erika als Modell - die Tochter unseren guten Freundin und  Kunstagentin Cynthia Close -  begann ich, die Wechselwirkung zwischen Kunst, Akt and Fotografie zu erforschen, indem ich bekannte Kunstwerke auf ihre Haut projizierte. Unten sind einige der Fotoprojekte aufgelistet, die ich seitdem durchgeführt habe. 

Projekt "Die Kunstgeschichte" 1990-1996

In seiner "Naturgeschichte" beschreibt Plinius der Ältere den Ursprung der bildenden Kunst: die Tochter eines Töpfers aus Sykion hätte vor der Abfahrt ihres Geliebten seinen Schatten mit Hilfe einer Lampe auf die Wand projiziert und diesen Umriß nachgezeichnet. Ausgangspunkt der Kunst sind demnach der Körper - als Ur-Motiv, als Startpunkt der menschlichen Erfahrung überhaupt - und das Verlangen, seine Form zu fixieren, sich selbst ein Double zu schaffen von dem, was wir begehren, uns aber jederzeit entschwinden kann - um so das Objekt der Begierde auf magische Weise zu besitzen.

Die fotografischen Bildessays der "Art History"- Serie reflektieren diese Beziehung zwischen der künstlerischen Produktion und ihrem primären Subjekt. Jede Epoche, jede Stilrichtung der Kunstgeschichte behandelt den menschlichen Körper auf seine Weise: die Gotik verklärt ihn zum Träger des Glaubens und des Martyriums, die Renaissance feiert seine Fleischlichkeit, der Impressionismus löst ihn in Farbtupfer auf, bis Picasso ihn endgültig kubistisch demontiert. Dalí versetzt ihn in die Landschaft seiner kritisch-paranoiden Phantasmagorien, die abstrakte Moderne verbannt ihn von der Leinwand. Die Pop-Art zeigt Idole der Mediengesellschaft als Schablone, beliebig reproduzierbar, während manche Fotorealisten Fahrzeuge und Luxusartikel als libidinös besetzte Ersatzobjekte präsentieren - Fetische des Konsums. "Die Kunstgeschichte" betreibt die totale Reduktion der Kunst auf die ursprüngliche Begierde: mit dem Diaprojektor wird die Malerei wörtlich auf ihren Ausgangspunkt zurückgeworfen, indem ausgesuchte Werke auf die Körper der Modelle projiziert werden.

Die Abbildung auf verschiedene Tiefenebenen deformiert und ironisiert die ursprüngliche Komposition des Gemäldes.  Das Modell bietet sich dem Künstler als Leinwand an und wirkt durch die Projektion wie bemalt. Diese Bilder entstanden nicht durch eine Sandwichtechnik oder digitale Manipulation, sondern ergaben sich aus der gemeinsam inszenierten, immer wechselnden Konstellation von Kamera, Diaprojektor und Modell im Studio.



Eine der ersten Sessions mit Erika, mit einem Bild von Dalí als Vorlage.


Projektion von Motherwells "Mexican Window" auf Julies Torso.

 


Yvonne aus Chicago mit Warhol's 
"100 Marilyn´s" überdeckt.

Portraits africains - Spiel mit traditionellen Mustern

Parallel zu der Projektion von Gemälden experimentierte ich Anfang der 90-er Jahre mit der Projektion von traditionellen afrikanischen Stoffmustern auf Modelle von afrikanischer Herkunft. Hierdurch entstand eine Serie von sehr ausdruckstarken Porträts und Aktporträts, die in Galerie Africane in München (damals noch in Schwabing) zum ersten Mal ausgestellt wurde. Eine Serie von gerahmten C-Prints überließ ich einer Uni-Klinik der Ludwigs-Maximilian-Universtät München.

Ad Maiorem Dei Gloriam (A.M.D.G.)

Anfang 1994 stellte meine Kunstagentin und gute Freundin Cynthia Close für mich einen Kontakt mit dem Kunstpavillon des Schutzverbands Bildender Künstler (später IG Medien, jetzt VER.DI) her. Ich wurde eingeladen, eine Einzelausstellung abzuhalten und wählte als Thema die Doppeldeutigkeiten und Schein-Heiligkeit des Katholizismus - der Glauben meiner Jugend und die vorherrschende Religion in Bayern. Um diesen großen Raum mitten im Zentrum von München auszufüllen, produzierte ich

[A] Projectionen von kirchlichen Gemälden auf den Körper (wie in "Die Kunstgeschichte")
[B] überlebensgroße S/W Aktfotos von einem Mädchentorso kombiniert mit einem Kruzifix 
[C] ein großformatiges Tryptichon mit einem (weiblichen) Christus, Maria und Maria Magdalena.

Die Schau ging vier Wochen und fing sich u.a. vom Direktor des Münchner Fotografiemuseums den säuerlichen Kommentar ein, dass F. Holland Day bereits hundert Jahre zuvor Selbstporträts in der Rolle von Christus gemacht hätte....

Rodin AktfOTO Projekt 1992-2001

Das Rodin-Aktfotorojekt setzt sich mit den Arbeiten des französischen Bildhauers Auguste Rodin (1840 - 1917) auseinander. Skulpturen und Zeichnungen von Rodin wurden als Vorlage benutzt, um im Atelier fotografische Aktstudien in schwarz-weiß zu produzieren, welche als die "ursprünglichen" Aktposen für Rodin´s Arbeiten hätten dienen können.

Für Rodin war die Natur und insbesondere die Sinnlichkeit des weiblichen Körpers die wichtigste künstlerische Inspirationsquelle. Rodins Kunstauffassung zu rekonstruieren heißt letztendlich, selber mit dem lebendigen Modell zu arbeiten, mit seinen individuellen Möglichkeiten und Grenzen, statt die historischen Ikonen abzufotografieren oder zu versuchen, sie im Studio „paßgenau" zu duplizieren. Die Rekonstruktion ist nur als Neu-Erfindung auf Basis eines direkten sinnlichen Erlebens möglich; gleichzeitig bedeutet Kunst zu schaffen, dass man von dieser Erfahrung wieder abstrahiert.

Seit 1992 standen ca. 80 Mädchen und Frauen  für dieses Projekt  Modell. Ein Teil der Aufnahmen entstand aus der Improvisation, aus den spontanen Bewegungen oder der typischen Haltung des Modells. Solche „Skizzen" wurden später selektiert und als Silbergelatine-Abzüge oder Gummidrucke aufwendig ausgearbeitet.

Die Ergebnisse wurden 1998 im Institut für Kunstgeschichte der Universität Bonn ausgestellt und waren auch Teil der Ausstellung "Skulptur im Licht der Photographie" im Wilhelm-Lehmbruck-
Museum, Duisburg, im Musée d´Art et d´Histoire, Fribourg, Schweiz und in der Sammlung Moderner Kunst Stiftung Ludwig, Wien.

Das Gummidruckverfahren ist eine Edeldrucktechnik aus dem 19. Jahrhundert. Jeder Abzug wird individuell in mehreren Belichtungs- und Entwicklungsvorgängen hergestellt und ist ein Unikat.

Mehrere exemplaren befinden sich inzwischen in den Sammlungen des Wilhelm-Lehmbruck-Museums Duisburg, der Staatlichen Moritzburg Halle, des Stadtmuseums Jena und in der Artothek Nürnberg.



Gummidruck "Faunesse"
mit Nadine


S/W Studie "Psyche" mit Julika


Gummidruck "Danaide"
mit Simone

"IndianERDelegation in MÜnCHEN" - indianische Spirituelle Führer

Im Jahr 1992, weltweit als Kolumbusjahr" gefeiert, besuchte eine Delegation von Nordamerikanischen und Mexikanischen Indianern Deutschland, um sich u.a. mit Rita Süssmuth, Vorsitzenden des Bundestags, und Georg Kronawitter, Bürgermeister von München, zu treffen. Durch ihre Reise machten Sie darauf aufmerksam, dass Amerika schon lang vor der "Entdeckung" durch Kolumbus eine reiche, einheimische Kultur besaß. Die Delegation, bestehend aus den Ältesten und Medizinmännern ihres jeweiligen Stammes, plädierte für eine friedliche Verständigung zwischen den Kulturen. Das Organisationskomité hatte mich gebeten, im Münchner Rathaus ein kleines Studio aufzubauen und dort die Delegationsmitglieder zu porträtieren. Diese Bilder wurden später durch das Museum für Völkerkunde ausgestellt und sind jetzt als Schenkung Bestandteil der permanenten Sammlung. Eine zweite Serie von gerahmten C-Prints stiftete ich dem "Verein für Völkerverständigung - Kanto de la Tierra".

"Sarasvati Experience"  - Performance / Video projekt 1997

Das Rodin-Projekt befasst sich mit dem Blick, nimmt die Welt durch das Auge wahr. "The Sarasvati Experience" geht ein Stück weiter - oder eigentlich ein Schritt zurück: eine Besinnung auf die Erfahrungen, die ich seit 1982 im Rahmen der Künstlergemeinschaft "Vol Sap" mit Materialperformances sammelte.
In einem ehemaligen Glashaus im Münchner "Botanikum", das zu Künstleratelier umgenutzt wurde, veranstaltete ich im Spätsommer 1997 zusammen mit Sophie Prinz und Nicole Dyba eine künstlerische Aktion mit farbigem Malerton, Sonnenblumenöl, Obst und Fruchtsäften, die sich ohne vorgegebenes Skript entwickelte und in der das Verhältnis von Kunst und Natur, Form und Begehren auf zwangslose Weise thematisiert wurde.
Das Geschehen wurde auf Video dokumentiert.


"Standing ovation"  - Performance / Video projeCt 2001

Während der Aufnahme dieses Videoprojekts, das von dem tschechischen Videokünstler Jakub Morawek entwickelt und produziert wurde, wurde ich spontan dazu eingeladen, der Hauptdarsteller zu sein. Die Performance zeigt ein sitzendes Publikum, das erst neutrales Interesse zeigt, dann Sympathie, Applaus, und schließlich euphorische Begeisterung. Wenn die Besucher auf einem verdrahteten Teppich vor dem lebensgroßen Videoleinwand hin- und hergehen, können sie verschiedene Stufen der Begeisterung auslösen und so das "Berühmtsein für 15 Minuten" (Warhol) erfahren.


Jakubs Installation, die als Abschlussarbeit der Münchner Kunstakademie entstand, muss auf die Personen, die es sahen, einiges des gezeigten Enthusiasmus übertragen haben, denn sie gewann verschiedene Preise  und zog auf dem ART FORUM in Berlin das Interesse des Sprengel Museums Hannover auf sich.

Digital Sculpture Project - Kunstforschung in Museen 2001-Heute

Seit 2001: Entwicklung von Methoden für die 3D-Erfassung von Skulpturen in improvisierten Museumssituationen. Vorbereitung eines Museums der digitalisierten Skulptur.


Trip to Basel to scan Rodin's "Walking Man" (217 cm high)

Über die letzten sieben Jahre besuchte ich mit meinem Team ca. 20 Museen in Deutschland, Holland, Dänemark, Frankreich, Italien, Polen, Ungarn, in der Schweiz und in der Tsechischen Republik, um Original-Gipsabgüsse von Barye, Carpeaux, Boucher, Rodin, Claudel, Bourdelle, Maillol, Bugatti, Rosso, Arp, Picasso zu fotografieren und in 3D einzuscannen. Neben Streifenlichscans und Laserscans setzte ich auch Stereofotografie ein.


3D-Differenzmodell für den Vergleich von zwei Versionen von Rodin's "Caryatid". Bild anklicken um es zu vergrößern.


Im Augenblick bereiten wir Foto-Ausstellungen für Museen in Aix-les-bains und Belfort vor. Langfrist plane ich die Gründung eines eigenen permanenten Schauraums, eines "Museum für Digitalisierte Skulptur". Siehe www.imodoc.org and www.rodin.info sowie www.ep.liu.se/ea/cis/2004/002/index.html.

"Alice in Wonderland" - London 2006

Im Dezember 2006 nahm ich am Rodin Symposium in der Royal Academy of Arts teil, zusammen mit meinen guten Freundinnen Alida Kreutzer und Anna Tahinci. Auf der anderen Straßenseite entdeckten wir die aufwändigen Schaufensterdekorationen des bekannten Fortnum & Mason, mit Szenen aus "Alice in Wonderland" und - im Spiegelbild - die Fassade der Royal Academy. Die Fotos waren schnell gemacht; viel mehr Zeit kostete es päter, Farben und Details mit PhotoShop zu optimieren. Die Serie wurde Februar 2007 in Galerie Tirreno in Munchen ausgestellt; eine zweite Reihe von Abzügen wurde der Royal Academy als Schenkung überlassen.


"A Mad Tea Party" - Schaufenster von Fortnum & Mason, Grocery to H.M. the Queen, Piccadilly, London.

Porträts - Immer noch eine Leidenschaft

Solange ich fotografiere habe ich nie aufgehört, Portraits von Freunden, Familie, Kollegen, Modellen zu machen - wenn ich ein interessantes Gesicht sehe, möchte ich es fotografieren. Eine aktuelle Auswahl aus den Jahren 2005-2006 wurde im Februar 2007 in Galerie Tirreno ausgestellt. Dieses Bild zeigt meine Kollegin Petra, Kunsthistorikerin aus Prag.



"Schwarz & Weiss"

"Nymphchen" - Fotoshootings mit Katja 2007

Als ich im Sommer 2007 in Bulgarien unterwegs war, lernte ich Iris und ihre Tochter Katja kennen. Da wir uns alle drei für Kunst und Fotografie interessierten, vereinbarten wir ein Fotoshooting mit Katja in meinem Münchner Studio. Es stellte sich heraus, dass Katja ein erstaunliches Talent hat, alle Aspekte des durch Nabokov beschriebenen "Nymphchen" darzustellen: mal naiv, mal keck, oder verführerisch, gelangweilt, enigmatisch. Zwölf Bildmotive wurden als C-Prints ausgearbeitet; eine Auswahl hieraus zeigte ich November 2007 in meinem "Kreativ-Studio Moosach".


Die schöne und das Biest - Ines + Attila 2007

Ines arbeitet in der Medienbranche und ließ sich gern von mir porträtieren. Als Bodyguard brachte sie aber ihren Hund "Atilla" mit. Zuerst befürchtete ich, das riesige Tier könnte die Blitzanlage umwerfen. Am Ende waren die Aufnahmen mit dem Hund jedoch die interessantesten, da die Interaktion zwischen Schönheit und Biest Dynamik und eine gewisse Intimität ins Spiel brachte.

 

 

"Rottkäppchen/Wolfsbraut" - 2007

Mit Antonia, einer jungen, vielversprechenden Schauspielerin aus dem vielgelobten Vagenwood-Filmkollektief, führte ich im Winter 2007 einige Porträtsessions durch. Dieses Bild zeigt sie mit ihrer roten Winterjacke mit Kaputze - was ein nicht-mehr-so-naives Rotkäppchen ergab....

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